Wasserstoff

Die Nutzung von Wasserstoff als Energiespeicher ist ein alter Traum. Ich kann mich an einen Vortrag von Ludwig Bölkow erinnern, in dem er seine Wasserstoffvision erläutert hat. Bölkow war Gründer der MBB und Vater der Hubschrauber BO105.

Wasser sollte in Rohren in die Sahara gepumpt werden, um dort mit Hilfe der Photovoltaik mit Strom in Wasserstoff und Sauerstoff zerlegt zu werden. Der erzeugte Wasserstoff sollte dann den Weg zu uns wieder über Pipelines und Tiefkühlschiffe (< -250°C) zu uns finden.

Solche Schiffe gibt es: es sind die LNG (liquified natural gas) Tanker. Einer kann  im zwei-stelligen Milliardenbereich kosten.

In den Laboratorien des Ludwig Bölkow gab es auch das klassische Problem: Wasserstoff ist sehr flüchtig und explodiert gerne (Knallgas). Er installierte an allen Arbeitsplätzen Platinstreifen, damit sich der Wasserstoff dort am Katalysator rechtzeitig entzünden konnte. (Ein Gramm Platin kostet ca. 50 EUR.)

Wasserstoff existiert in der Natur nicht und muss immer hergestellt werden. Er ist (meist) kein Antriebsmittel, er ist ein Energiespeicher. Die Herstellung geschieht heute überwiegend aus Erdgas (> 90%). Dabei entsteht genauso viel CO2, wie bei der Verbrennung. Die Kosten liegen hier unter 2,- EUR/kg. An der Tankstelle zahlen sie derzeit (Nov. 2015, München) ) 9,50 EUR. Mit einem Kilogramm H2 kommt ein Auto ca. 100 km weit.

Wasserstoff speichert de facto also „schmutzige“ Energie.

Die Speicherung geschieht meist über Hochdrucktanks (350-700 bar). Es gibt auch Plattenspeicher aus Magnesium.

In fest installierten Anlagen könnte überschüssiger Wind- oder Solarstrom zur Erzeugung von Wasserstoff genutzt werden. Ein Beispiel ist der Energiepark in Mainz. Der Wirkungsgrad könnte bei ca. 45% liegen, die Kosten pro Kilogramm deutlich über 5,- EUR/kg. Der erzeugte Wasserstoff könnte – nach einem weiteren Verarbeitungsschritt – auch in die Erdgasleitungen gepumpt werden. Das Verfahren, die Methanisierung, wird aber aus Kostengründen kaum angewandt. Es ist also eine Utopie.

Es gibt zwei grundlegende Varianten von Wasserstoff-Autos. BMW hat in seinem Hydrogen 7 einen modifizierten Otto-Motor verwendet. Gebaut wurden nur 100 Stück und die wurden nur verleast. Der Wirkungsgrad des Motors liegt bei 30%. Das Projekt ist beendet. Ein heutiges Wasserstoff-Auto (Toyota Mirai) ist anders aufgebaut.

Ein modernes Wasserstoff auto besteht aus einem kompletten Elektroauto mit einerm zusätzlichen Stromgenerator, der mit Wasserstoff betrieben wird.

Dazu braucht man den Hochdruck-Tank und die Brennstoffzelle, die den Strom erzeugt (mit einem Wirkungsgrad von ca. 45%). Die Batterie puffert den erzeugten Strom.

Es gibt derzeit 17 Tankstellen in Deutschland (BR, 4.5.2015). Zusätzlich gibt es eine öffentliche Tankstelle am Autohof in Geiselwind mit speziellen Zugangskarten für Tests. Normalerweise soll ein Mirai verleast werden.

Hier kommen böse Erinnerungen an das Auto EV1 auf. (Film: who killed the electric car.)

Bisher gibt es Erfahrungen mit Wasserstoff Projekten. Am Flughafen München wurden Vorfeldbusse mit Wassserstoff angetrieben. Das Projekt wurde beendet, die Tankstelle abgebaut. Es war recht schwierig, den Wsserstoff im Tank zu halten, da dieses Gas sehr schnell diffundiert.

Will man den Wasserstoffantrieb, dann muss man die vielen Milliarden. die weltweit für eine Benzinversorgung ausgegeben wurden, nun für die Erzeugung, den Transport und den Verkauf des Wasserstoffs noch einmal ausgeben.

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die beiden Systeme, Batterie-Auto und Wasserstoff-Auto, zu vergleichen. Wie groß ist die Komplexität, wie groß odere klein ist der Wirkungsgrad bei den jeweiligen Energiewandlungen, wie schnell tankt man, wie weit fährt man, was kostet das Ganze für den Endverbraucher (ohne Subventionen)?

Dazu findet man jede Menge Unterlagen im Internet.

Mir scheint eine strukturelle Frage sehr wichtig: wie weit kann ich als Einzelner hier „mitspielen“?

Viele können sich ein paar Solarpanele besorgen, einen Speicher an die Wand hängen und ihr Elektroauto laden.

Ich kenne keine Möglichkeit, dies auch mit Wasserstoff zu tun. Hier braucht man eine industrielle Unterstützung in Form von Wasserstofferzeugern und Tankstellen.

Hier steht Individualität gegen Großfirmen.

Um die beiden Systeme weiter beurteilen zu können, sollte man einen Blick in die Zukunft werfen.

Die Zugänglichkeit zu Strom, der immer billiger wird, ist in allen Ländern gegeben. Die Kosten der Batterien, als dem derzeitigen Hauptkostenfaktor, fallen seit Jahren stabil mit ca. 1% pro Monat. Die Zuverlässigkeit ist inzwischen so hoch, dass es Tesla Fahrer gibt, die mit ihrer ersten Batterie schon über 600.000 km gefahren sind. Inzwischen wurden in Deutschland mit Batterien auch schon ganze Kraftwerke gebaut, die z.B. zur Stabilisierung der Netzfrequenz eingesetzt werden.

Private Stromerzeugung hat inzwischen „Grid Parity“ erreicht. Sie können selbst Strom billiger produzieren, als zukaufen.

Und bald wird der lokal erzeugte Strom weniger kosten, als der Transport des Stromes über das Netz. Zusammen mit einem Speicher wäre ein automomer Betrieb eines Hauses durchaus möglich.

Die Zugänglichkeit zu Wasserstoff ist praktisch nicht gegeben. Details finden Sie z.B. unter www.h2stations.org. Jede Tankstelle kostet ein kleines Vermögen (ca. 1 Mio, dafür gibt es ca. 200 Elektroladestationen). Verwendet wird Wasserstoff daher meist in stationären Anlagen. Natürlich gibt es auch bei Wasserstoff Fortschritte. So wurde beispielsweise ein Fahrrad entwickelt, dass mit Wasserstoff-Patronen läuft.

Pro genutzes Kilogramm Wasserstoff entstehen sieben bis 8 Liter Wasser, die derzeit auf die Fahrbahn abgegeben werden. Im Winter besteht Rutschgefahr.

Und die Wartungskosten? Der Drucktank wird seine TÜV-Prüfer brauchen. Welche Wartung braucht die Brennstoffzelle? Gibt es eine Scheckheft-Pflege? Wie lange hält die Membrane?

Wie schaut es eigentlich mit der Lebensdauer aus? In der Wikipedia habe ich Werte von 5000 Std für mobile Systeme gelesen. Wie schaut es mit der Garantie aus? Bekommen Sie 8 Jahre ohne Kilometerbegrenzung? Wie ist denn die Preisentwicklung für Wasserstoff und Autos?

Ganz erstaunlich ist, dass die globale Vertröstungspolitik (z.B. von US-Bush Senior) in den Köpfen vieler Menschen angekommen ist. Es wird eine Vertröstung bleiben. Es zählt, was jetzt möglich ist.

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